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Viele EU-Betriebe sparen an der Weiterbildung

Die betriebliche Weiterbildung in Europa stagniert. Das ist das Ergebnis einer vergleichenden Studie in 27 EU-Mitgliedsstaaten und Norwegen. Im Jahr 2005 wurde das so genannte „Continuing Vocational Training
Survey“ CVTS zum dritten Mal durchgeführt. Jetzt liegen Teilergebnisse aus 22 Ländern vor. In Deutschland war das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) an Vorbereitung und Auswertung beteiligt.



Der Vergleich zur letzten Erhebung ergibt ein uneinheitliches Bild: Während in den süd- und osteuropäischen Staaten die Teilnahmequoten an betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen erheblich gesteigert wurden, ist die Entwicklung in den meisten west- und nordeuropäischen Staaten rückläufig. Dies ist um so bedauerlicher, weil es dem offiziell von der EU proklamierten politischen Ziel entgegen läuft: die Beteiligung möglichst vieler Erwachsener am lebenslangen Lernen.

Deutschland gehört wie schon zuvor zum Mittelfeld. Bei wichtigen Kennziffern sind aber Rückgänge zu verzeichnen: Nur noch 69% der Unternehmen machten ihren Beschäftigten Weiterbildungsangebote – das sind 6 Prozentpunkte weniger als zuvor. Qualifizierung im Rahmen von Kursen hat sogar noch stärker abgenommen: Vormals 67%, jetzt 54%. Auch der Anteil der Beschäftigten, die an betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen teilgenommen haben, ist um 2 Prozentpunkte auf 30% gesunken. Folglich nahm auch der Anteil der Arbeitskosten ab, der für Bildung ausgegeben wird: Investierten die Betriebe dafür bei der letzten Erhebung noch 0,9%, so sind es inzwischen nur noch 0,7%. Pro Kopf gerechnet läuft das auf einen Beitrag von 504,– € im Jahr hinaus – auch dies ist ein Rückgang von 8%. Konstant geblieben ist lediglich die Anzahl der Weiterbildungsstunden je Beschäftigten: 9 Stunden.

Berücksichtigt man, dass unter betrieblicher Weiterbildung nicht nur Seminare verstanden werden, sondern auch arbeitsplatznahe Qualifizierung, die Teilnahme an Lern- und Qualitätszirkeln, selbstgesteuertes Lernen und der Besuch von Informationsveranstaltungen, dann ist das Ergebnis beschämend.

Für alle EU-Länder gilt, dass das Angebot von der Größe der Betriebe abhängt. Überall haben Männer bessere Chancen auf Weiterbildung als Frauen, und überall sind Beschäftigte unter 25 und über 55 Jahren unterrepräsentiert.

Die zentrale Frage, wie die Rückgänge in vielen Ländern zu erklären sind, kann die Studie nicht beantworten. Denn schließlich ist erwiesen, dass Betriebe durch Weiterbildung deutliche Produktivitätsgewinne erzielen. Aufbauend auf den Ergebnissen der Untersuchung will das BIBB nun eine Ergänzungsstudie durchführen, die „vertiefende Einblicke für Deutschland liefern soll“. Hoffentlich wissen wir dann mehr.

Hannelore Reiner


Quelle: biwifo report 2008

Sie können die vollständige Ausgabe des biwifo report hier als pdf-Datei herunterladen.

Verweise zu diesem Artikel:
Schlagworte zu diesem Beitrag: Betriebliche Weiterbildung
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 14.04.2009