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Zum Sterben zuviel, zum Leben zu wenig

Honorare in der Weiterbildung

Verteilung der Honorare in Euro/Unterrichtseinheit

Die Auswertung umfasst die eingegebenen Honorare in 2007 (95), 2008 (133) und 2009 (Stand 30.06.2009 mit 63 Honorarsätzen). Für einige Träger lagen mehrere unterschiedliche Honorarsätze vor, die jeweils als eigenständiger Honorarsatz in die Auswertung eingeflossen sind. Um eine Vergleichbarkeit der Daten zu ermöglichen, wurden die Honorare auf eine einheitliche Vergütungsbasis von 45 Unterrichtsminuten je Unterrichtseinheit umgerechnet, wenn davon abweichende Eintragungen vorlagen.



Die Honorare je Unterrichtseinheit (UE = 45 Minuten) schwanken zwischen 6.38 in einem Fitnesscenter und 250 Euro bei einem Training für Manager. Honorare über 25 Euro/UE betreffen lediglich 38 Fälle oder 13,1 % der Datensätze. Im Bereich bis 20 Euro/UE finden sich dagegen 215 Fälle oder 73,9 % der angegebenen Honorare.

Die Verteilung zwischen den einzelnen Honorarklassen hat sich seit der Auswertung von 2007 (Werte für 2007 – 2008) nicht verändert, obwohl seitdem 125 neue Datensätze hinzugekommen sind. Selbst Honorarsätze unterhalb von 10 Euro/UE haben sich von 8 auf 16 Nennungen verdoppelt. Im Bereich bis 20 Euro/UE lagen in der letzten Auswertung 127 von 166 Angaben (76,5 %), nun sind es 215 von 291 Angaben oder 73,9 %. Ein Anstieg der Honorare kann nicht registriert werden.

Entwicklung des durchschnittlichen Honorars in einzelnen Unterrichtsfächern

Die recht hohe Zahl an Einträgen lässt inzwischen ein differenzierteres Bild der Honorarsätze in einzelnen Bereichen der Weiterbildung zu.



Die durchschnittlichen Honorare sind von 2008 auf 2009 scheinbar kräftig gestiegen. Geschuldet ist dieser Anstieg besonders der Gruppe der beruflichen Weiterbildung. Hier liegt die Spanne zwischen 23 und 250 Euro/UE. Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang der deutliche Abstand zu Unterrichtstätigkeiten an Hochschulen. So zahlten Hochschulen nur zwischen 16 und 61,25 Euro die Unterrichtstunde. Entfernt man diese beiden Bereiche aus der Berechnung, sinkt die durchschnittliche Vergütung für eine Unterrichtsstunde auf 17,71 Euro.

Schlusslicht in der Vergütung bleibt die Schülernachhilfe mit weniger als 10 Euro für die Unterrichtsstunde. Alle anderen Bereiche liegen recht nach beieinander und reichen von 16,26 Euro/UE für Deutsch als Fremdsprache und 18,77 Euro/UE für Unterricht in EDV-Fächern. Bei der letzten Auswertung schwankten die durchschnittlichen Honorare zwischen 16,16 Euro/UE für Bewerbungstrainings und 18,30 Euro/UE bei sonstigen Kursen. Ein Anstieg zwischen 10 und 43 Cent die Unterrichtseinheit.

Spannen in den einzelnen Fächern



Sieben der 9 ermittelten Fächern weisen Honorare unter 10 Euro für eine Unterrichtseinheit aus. In der Schülernachhilfe schwanken die Verdienste nur geringfügig zwischen 6,75 und 12,50 Euro/UE. Vorausgesetzt, man ist bereit, solche Honorare ernsthaft als „Verdienst“ bezeichnen zu wollen.

Bei den Bereichen mit einer breiten Streuung nach oben finden wir wenige hohe Honorare, die für diese Spannbreite verantwortlich sind. Im Bereich „Bewerbungstraining“ finden wir 3 hohe Einzelhonorare (32,50; 30 und 25 Euro). Bei allen anderen Angaben ist hier bei 20 Euro/UE Schluss bei der Vergütung. Bei den Integrationskursen finden wir eine Angabe mit 35 Euro/UE. Die nächstgelegene Angabe liegt mit 22 Euro/UE deutlich unter diesem Wert. Und bei Deutsch als Fremdsprache begründen zwei Angaben aus dem Goetheinstitut (32 und 28 Euro/UE) die Spannbreite. Die nächstgelegene Angabe stammt aus dem Jahr 2007 mit 22,50 Euro. Die höchste Vergütung aus dem Jahr 2009 stammt von der VHS Heilbronn mit 18,50 Euro/UE.

Unter dem Begriff „Berufliche Bildung“ wurden Maßnahmen zusammengefasst, die im Bereich der SGB II und III geförderten Weiterbildung angesiedelt sind. Die Spanne liegt hier zwischen 9 und 22,50 Euro/UE.

Eine Gruppe sticht mit hohen Honorarsätzen hervor, der Bereich der beruflichen Weiterbildung. Hier handelt es sich um Tagesseminarre für Führungskräfte oder anerkannten Weiterbildungen bei Kammern. Die Sätze schwanken hier zwischen 23 und 250 Euro/UE.


Wie kommen wir zu einem „gerechten Honorar“ für Selbstständige in der Weiterbildung?

Ähnlich wie im Mindestlohnbereich, für den seit Jahren ein gesetzlicher Mindestlohn gefordert wird, wird auch in der Weiterbildung die Forderung nach einem Mindesthonorar immer häufiger erhoben. Da stellt sich natürlich die Frage, welche Bedingungen ein Mindesthonorar erfüllen muss? Zwei grundlegende Forderungen könnten sein:

1. Das Honorar muss einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen, der dem von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten angeglichen ist. Die Beschäftigung einer freien Honorarkraft darf sich wirtschaftlich, im Sinne von Kosteneinsparungen, für den Träger nicht lohnen.

2. Das Honorar muss den Aufbau einer Altersversorge ermöglichen, die armutssicher ausgestaltet ist.

Dabei sind zwei besondere Bedingungen zu beachten, die Selbstständige in der Weiterbildung betreffen. Nach dem Sozialgesetzbuch VI müssen sich Selbstständige, die in irgendeiner Form Lehrtätigkeiten durchführen, in der gesetzlichen Rentenversicherung versichern, wenn sie mehr als 4.800 Euro im Jahr verdienen. Wenn sie eine Lehrtätigkeit durchführen, für die nach dem Einkommensteuergesetz die pauschalierte Übungsleiterpauschale von 2.100 Euro im Jahr zutrifft, steigt die Freigrenze auf 6.900 Euro im Jahr oder 575 Euro im Monat. Wer allein von selbstständiger Honorartätigkeit lebt, ist daher ist der gesetzlichen Rentenversicherung zwangsversichert und muss die gesamten Beiträge allein aufbringen.

Dazu muss er sich selbstständig in der Krankenversicherung und Pflegeversicherung versichern, auch hier trägt er alleine die gesamten Beiträge. Aus diesem Grunde muss das Honorar grundsätzlich einen Sozialversicherungszuschlag von ca. 20 % beinhalten (Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung).

Ein weiteres Problem stellt die Umsatzsteuer dar. Wer mehr als 17.500 Euro sozialversicherungspflichtige Einkünfte bezieht, muss von seinen Einnahmen 19 % Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Ob eine Honorarkraft umsatzsteuerpflichtig ist, hängt zudem von der Art der Tätigkeiten ab. Es gibt sowohl umsatzsteuerpflichtige wie auch umsatzsteuerbefreite Lehrtätigkeiten. Hier muss jeweils der Einzelfall betrachtet werden. Aber auch hier sollte gelten: Wenn die Lehrtätigkeit umsatzsteuerpflichtig ist, ist das Honorar um den Umsatzsteuerbetrag zu erhöhen, soweit die Honorarkraft selber beim Finanzamt umsatzsteuerpflichtig ist.

Wie hoch muss das Honorar sein, um die Rente armutssicher zu machen?

Dazu hat die Hans-Böckler-Stiftung eine Modellrechnung auf der Basis der aktuellen Werte (2009) durchgeführt.



Gegenwärtig hat jeder Anspruch auf die Grundsicherung im Alter in Höhe von 676 Euro. Liegt die Rente unter diesem Wert, erhält der/die Betroffene die Differenz als staatlichen Zuschuss. Um diese Rente zu erhalten, muss ein sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter einen Jahresverdienst von 18.972 Euro erzielen. Dazu geht die Modellrechnung von einer 38,5 Stunden-Woche und 45 Beitragsjahren aus.

Da der sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nur den halben Beitragssatz zur Sozialversicherung zahlt, müsste das Honorareinkommen um 20 % über diesem Wert liegen, damit nach Abzug der Versicherungsbeiträge gleich viel übrig bleibt.

Demnach müsste ein Selbstständiger in der Weiterbildung 22.766 Euro im Jahr an Honorareinkünften beziehen, um nach 45 Beitragsjahren nicht unter die Grundsicherung im Alter zu fallen. Und das muss er 45 Beitragsjahre durchhalten.

Mit einem jährlichen Honorareinkommen von über 22.000 befindet er sich automatisch in der Sozialversicherungspflicht, evtl. allerdings auch in der Umsatzsteuerpflicht. Sollte dies zutreffen, müsste das Honorar noch einmal um 4.325 Euro erhöht werden, damit die Umsatzsteuer nicht zu seinen Lasten geht.

Da die Frage der Umsatzsteuerpflicht im Gegensatz zur Sozialversicherungspflicht im Einzelfall geprüft werden muss, lassen wir sie bei der weiteren Betrachtung weg. Wir fragen uns zunächst, wie viel Honorarstunden als maximale Jahresleistung erbracht werden können.

Von 52 Wochen müssen mindestens 7 Wochen (Urlaub und Krankheit) abgezogen werden. Da zudem Vor- und Nachbereitung und evtl. noch zusätzliche Aufgaben wie Konferenzen anfallen, nehmen wir eine durchschnittliche wöchentliche Leistung von 25 Unterrichtseinheiten an.

Damit müsste die Honorarkraft in 45 x 25 UE = 1.125 Unterrichteinheiten ein Jahreseinkommen von 22.766 Euro erzielen, um nicht später in die Altersarmut zu fallen.

Das entspricht einem durchschnittlichen Stundensatz von 20,23 Euro.

Honorarsätze unter diesem Betrag erzeugen automatisch Altersarmut. Sie führen im Rentenalter zu Sozialleistungen des Staates und sind damit nichts anderes als verdeckte Subventionen des Staates an die Träger. Von den bei mediafon eingetragenen Honorarsätzen liegen fast 74 % im Bereich bis 20 Euro/UE. Sie erfüllen damit das Kriterium eines Armutslohnes!

Ein solches Honorar isst sicherlich als zu niedrig anzusehen, zumal es von der (unrealistischen) Annahme von 45 Beitragsjahren ohne Einkommenseinbußen ausgeht. Aber es markiert zumindest eine Grenze, deren Unterschreiten Altersarmut und damit spätere Subventionen im Sozialbereich nach sich ziehen. Nur Honorarsätze über 20 Euro/UE dürften akzeptiert werden.

Das Berliner Modell

Die Berliner Volkshochschule hat diese Problematik in ihrer Honorarordnung aufgegriffen und zahlt entsprechende Zuschläge auf die Honorarsätze. Wer als sozial schutzbedürftig und wirtschaftlich abhängig (arbeitnehmerähnliche Person) bei der VHS anzusehen ist, der erhält auf Antrag
  • einen Zuschlag von 9,6 % für die Beiträge zur Rentenversicherung
  • einen Zuschlag von 6,6 % für die Beiträge zur Krankenversicherung, wenn er privat versichert ist
    und
  • entsprechend seinem durchschnittlich erzielten Honorar Urlaubsgeld nach dem gesetzlichen Mindesturlaub.

Wer für seine Tätigkeit eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulausbildung oder gleichwertige Kenntnisse benötigt, bekommt ein Mindesthonorar von 22,79 Euro/UE. Mit den Zuschlägen zur Renten- und Krankenversicherung entspricht das einem Mindesthonorar von 26,43 Euro/UE. Zudem besteht Anspruch auf Urlaubsgeld.

Das Berliner Modell kann sicherlich als positiver Ansatz für andere Träger angesehen werden. Es sollte als Modell auch in Honorarverhandlungen bei anderen Trägern genutzt werden.

Unterstützen Sie die Honorartabelle bei mediafon

Die bei mediafon eingestellten Honorarsätze bieten einen guten Einblick über die Lage der Honorarsätze in der Weiterbildung. Doch bei den angegebenen Datensätzen darf die Tabelle nicht stehenbleiben. Wenn mehr DozentInnen und auch festangestellte KollegInnen bereit sind, die Daten öffentlich zu machen, erhöht sich die Transparenz und damit die Möglichkeit, die Daten in Verhandlungen und im politischen Rahmen zu nutzen; für die Verbesserung der Lage der Honorarkräfte in der Weiterbildung. Besuchen Sie die Seite von mediafon und tragen Sie Ihnen bekannte Honorarsätze ein.


Peter Schulz-Oberschelp
Netzwerk-Weiterbildung


Weitere Informationen:
Die aktuelle Honorartabelle der VHS Berlin finden sie auf der Homepage der Initiative VHS-Tarifvertrag.

Das Merkblatt für VHS-Kursleiter Berlin finden Sie hier

Eine Beschreibung der Lage in den Integrationskursen enthält die prekär – GEW Info 02/09


Verweise zu diesem Artikel:
Schlagworte zu diesem Beitrag: Honorar, Freiberufler/Selbstständige
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 07.07.2009