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„Lebensbegleitendes Lernen für die Menschen effektiv und transparent gestalten“

Die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN hat folgende Kleine Anfrage an den Senat gerichtet.

„Eine wesentliche Facette für den sozialen Zusammenhang der Gesellschaft ist der Zugang zu Bildung im Lebensverlauf – unabhängig von sozialem Status und aktuellem Bildungsstatus. Dabei ist gegenwärtig festzustellen, dass Menschen mit höherer formaler Bildung häufiger an Bildungsveranstaltungen teilnehmen als Menschen mit geringerer formaler Bildung. Gleichzeitig werden ArbeitnehmerInnen in höheren Positionen häufiger von ihren Unternehmen weitergebildet als ArbeitnehmerInnen in einfachen Positionen. Damit fällt die Gesellschaft in ihrer Bildungsteilhabe weiter auseinander. Vor diesem Hintergrund wurde mit dem Koalitionsvertrag für die 17. Wahlperiode beschlossen, einen Schwerpunkt auf die Weiterbildung von Männern und Frauen mit niedrigen Bildungsabschlüssen zu legen und zudem die Weiterbildungsaktivitäten der einzelnen Ressorts effektiver zu bündeln und Förderstrukturen neu zu ordnen, um zu einem qualitativ verbesserten und transparenten Gesamtangebot zu kommen.

Die Kleine Anfrage „Zukunftsherausforderung ‘Lebensbegleitendes Lernen’“ (Drs. 17/854) hat ergeben, dass ein Instrument zur institutionenübergreifenden Datenerhebung bisher nur für den Bereich des Gesetzes über die Weiterbildung im Lande Bremen (BremWBG) existiert. Es gibt aber kein landesweites, ressortübergreifendes Instrument, welches auch die anderen Bereiche der externen öffentlich (mit-)finanzierten Weiterbildung außerhalb des BremWBG nach gleichen Kriterien erfasst. Daher gibt es auch keine umfassende Datenerfassung der Teilnehmenden nach Alter, Geschlecht, formalem Bildungsstand und Stadtteil. Um allerdings Steuerung, Effizienz und Transparenz zu schaffen, bedarf es zunächst einer Datengrundlage als Arbeitsfundament.


Der Senat beantwortet die Kleine Anfrage wie folgt:


Frage 1: Hält der Senat eine ressortübergreifende jederzeit aktualisierbare Datengrundlage über die externe öffentlich (mit-)finanzierte Weiterbildung für notwendig, die eine Bewertung der Weiterbildungsbeteiligung zulässt und für die Steuerung der unten-stehenden Fragestellungen geeignet ist? Wenn ja, wann wird der Senat solch ein Steuerungssystem einführen und wann wird es in eine erste Erprobungsphase kommen? Wenn nein, warum hält der Senat ein solches Steuerungssystem nicht für notwendig?


Antwort zu Frage 1:
Der Senat hält eine ressortübergreifende und aktualisierbare Datengrundlage über die externe öffentlich (mit-)finanzierte Weiterbildung für notwendig. Bereits jetzt verfügen die mit Weiterbildung befassten Senatsressorts über eine umfassende Datenlage, die Aussagen über den Mitteleinsatz und die erzielten Ergebnisse pro Ressort zeigen. Die Fachressorts nutzen diese Daten als Kontroll- und Steuerungsinstrument.

Die Abstimmung der Ressorts erfolgt durch die grundsätzliche Abstimmung von Förderschwerpunkten und großen Einzelvorhaben. Dadurch wird der Mitteleinsatz abgeglichen und die Gefahr von Doppelförderungen verringert.

Die Kommunen Bremen und Bremerhaven werden im Kontext des BMBF-Projektes „Lernen vor Ort“ ein kommunales Bildungsmonitoring aufbauen, das alle Bildungsbereiche abbildet, so auch den Bereich der Weiterbildung.

Nachdem der vom Bund in Abstimmung mit einschlägigen Instituten und Statistischen Ämtern erarbeitete Indikatorenset und die notwendige Software vorgestellt wird, wird eine Prüfung der Kommunen und ggf. eine nachfolgende Einführung erfolgen. Eine entsprechende Arbeitsgruppe ist unter Federführung der Senatorin für Bildung und Wissenschaft eingerichtet. Die aktuellen Planungen sehen für das Land Bremen eine schrittweise Implementierung eines solchen EDV-gestützten Monitoringsystems vor, das die einzelnen Bildungsbereiche nacheinander integriert. Dabei wird auch die landesweite, ressortübergreifende Datenerfassung der Teilnehmenden nach dem Kriterium „Geschlecht“ berücksichtigt. Zur Steuerung wird es notwendig sein, diese geschlechterspezifischen Teilnehmendenzahlen auch nach Lernbereichen differenzieren zu können und mit anderen Kriterien wie zum Beispiel Alter und Bildungsstand zu verknüpfen.

Unter Kostengesichtsgründen soll die Etablierung eines regelmäßigen Berichtswesens an den Aufbau des Monitoringsystems gekoppelt werden. Daher sehen die aktuellen Planungen für den Bereich Weiterbildung einen ersten Bericht im Jahr 2012.


Frage 2: Mit welchen Strategien und Maßnahmen wird der Senat bei der Weiterbildungsfinanzierung einen Schwerpunkt auf Frauen und Männer mit niedrigen Bildungsabschlüssen setzen?

Antwort zu Frage 2:
Einen Schwerpunkt auf die Weiterbildung von Männern und Frauen mit niedrigen Bildungsabschlüssen zu setzen, wurde durch die Regierungskoalition beschlossen und wird in den Ressorts zur Zeit folgendermaßen umgesetzt:

Mit Mitteln des Beschäftigungspolitischen Aktionsprogramms (BAP) der Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales soll eine Träger-unabhängige Weiterbildungsberatung aufgebaut werden. Der Aufgabenzuschnitt der Weiterbildungsberatung wird gemeinsam von den Ressorts Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales und Bildung und Wissenschaft entwickelt, um ressortübergreifend die Förderung des Zugangs zu den Angebotsstrukturen des lebenslangen Lernens zu gewährleisten. Dabei soll auch ein Fokus auf die Förderung der Weiterbildungsbeteiligung von bildungsfernen und arbeitsmarktbenachteiligten Personen gelegt werden.

Über das Weiterbildungsgesetz fördert das Land Bremen Bildungsurlaub von ca. 13 000 Bürgerinnen und Bürgern; Frauen und Männer sind gleichberechtigt vertreten. Davon verfügen ca. 35% über keinen Schulabschluss oder haben einen Hauptschulabschluss. Demnach stellt der Bildungsurlaub ein gutes Instrument zur Ansprache bildungsferner Menschen dar. Besondere Anstrengungen sind aber auch hier weiterhin nötig.

Die Bremer Fachkräfteinitiative, mit der im Rahmen des BAP die Qualifikationsentwicklung bei Arbeitslosen und Beschäftigten gefördert wird, hat einen Schwerpunkt auf die Förderung abschlussbezogener Qualifizierungen für An- und Ungelernte gelegt. Der BAP-Jahresfortschrittsbericht 2008 weist für annähernd die erste Hälfte der Programmlaufzeit eine 37%ige (Unterfonds 1.1. sowie 2.4) bzw. 21%ige (Unterfonds 1.2) Beteiligung von An- und Ungelernten an allen Teilnehmenden dieser Initiative aus. Der Frauenanteil wird für die verschiedenen Hierarchiestufen nicht gesondert ausgewiesen, er beträgt insgesamt an allen Beschäftigten (Unterfonds 1.1. und 1.2) 59 % und an allen Arbeitsuchenden (Unterfonds 2.4) 69%.

Die Weiterbildungsmaßnahmen im Bremer Justizvollzug richten sich ausschließlich an inhaftierte Männer und Frauen, die über einen niedrigen Bildungsabschluss verfügen sowie an Gefangene, bei denen ein ursprünglich höheres Bildungsniveau z.B. durch eine langjährige stofflich gebundene Sucht (Alkohol, Medikamente, Drogen) und lange Arbeitslosigkeit abhanden gekommen ist. Hierbei gibt es im Bereich der schulischen Weiterbildungsmaßnahmen Angebote für 32 männliche Gefangene, ein Angebot für weibliche Gefangene ist in Planung. Im Bereich der betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen sind 47 Plätze für männliche und 8 für weibliche Gefangene vorhanden.


Frage 3: Mit welchen Strategien und Maßnahmen wird der Senat die Weiterbildungsaktivitäten der einzelnen Ressorts effektiver bündeln?

und

Frage 4: Mit welchen Strategien und Maßnahmen möchte der Senat zu einem qualitativ verbesserten und transparenten Gesamtangebot kommen?

Antwort zu den Fragen 3 und 4:
Der Senat weist darauf hin, dass bereits jetzt die Ressorts Bildung und Wissenschaft sowie Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales und Wirtschaft und Häfen ihre Förderschwerpunkte grundsätzlich untereinander abstimmen. Darüber hinaus ist geplant, im kommenden Jahr durch diese Ressorts ein Strategie-Maßnahmen-Paket zu erarbeiten, das die institutionelle und projektbezogene Förderung zukunftsgerecht gestaltet und finanziell absichert. Das Gesamtangebot in Bremen wird neben dem Bereich der öffentlich finanzierten externen Weiterbildung zudem durch viele Maßnahmen aus dem Bereich der privaten Wirtschaft sinnvoll und qualitativ hochwertig ergänzt.


Frage 5: Hält der Senat die Wiederauflage eines regelmäßigen Weiterbildungsberichts für sinnvoll? Wenn ja, wann ist mit der Herausgabe zu rechnen? Wenn nein, aus welchen Gründen hält der Senat eine Weiterbildungsbericht nicht für sinnvoll?

Antwort zu Frage 5:
Wie in der Antwort auf die Frage 1 erläutert, befürwortet der Senat die Herausgabe eines regelmäßigen Bildungsberichtes, in dem auch der Bereich Weiterbildung angemessen Berücksichtigung findet. Der geplante parallele Aufbau eines Monitoring-Systems verweist zudem darauf, dass ein Bildungsbericht zwar wesentlich zur Transparenz des Weiterbildungsbereichs beitragen und auch Grundlage für strategische Steuerungen sein kann. Der Senat vertritt jedoch die Auffassung, dass ein Bericht nicht die Möglichkeiten ersetzen kann, die ein Monitoring-System bietet, nämlich kurzfristig aktuelle, steuerungsrelevante Daten zur Verfügung zu haben. Hier stellt die Beteiligung am o.g. Projekt „Lernen vor Ort“, die nur durch erhebliche, ressortübergreifende Anstrengungen bei der Antragstellung erreicht werden konnte, eine hervorragende Ausgangsposition dar.


Quelle: Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Bremer Bürgerschaft und die Antwort des Senats, Drucksache 17/1119 vom 22. 12. 2009


Schlagworte zu diesem Beitrag: Lebenslanges Lernen, Weiterbildung
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 23.12.2009