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Neue Modellprojekte bei Jugendlichen im Rahmen der dualen Berufsausbildung

Vorbemerkung der Fragesteller

Aufgrund der gegenwärtigen Lage am Ausbildungsmarkt – eine steigende Zahl unbesetzter Lehrstellen steht einer nach wie vor hohen Anzahl an Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz erhalten, gegenüber – werden neue Formen der Ausbildung diskutiert und entwickelt. Ein Modell ist die „assistierte Ausbildung“, bei der ein Bildungsträger die Rolle eines Dienstleisters einnimmt, sowohl für den jungen Menschen als auch für den Betrieb. Durch den Einsatz des Bildungsträgers sollen beispielsweise Betriebe bei der Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber unterstützt werden. Darüber hinaus sollen die jungen Menschen beraten und während der Ausbildung begleitend unterstützt werden.


Frage 1. In welchem Umfang ist die Bundesregierung an der Konzeption der „assistierten Ausbildung“ beteiligt, und mit welchen Bildungsinstitutionen und -verbänden sind Gestaltungs- und Umsetzungsmöglichkeiten diskutiert worden (bitte alle Institutionen einzeln benennen)?

Antwort der Bundesregierung

„Assistierte Ausbildung“ ist kein etablierter, fest definierter Begriff. Vielmehr lässt der Begriff verschiedene Perspektiven zu mit Schwerpunkt in der Assistenz von Jugendlichen oder ausbildungsbereiten Betrieben oder in der Berücksichtigung beider Aspekte während oder im Vorfeld der dualen Ausbildung.

Aktuell werden unterschiedliche Projektansätze verschiedener Akteure diesem Oberbegriff zugeordnet. Die Grundidee besteht insbesondere darin, die duale Ausbildung um einen Dienstleister (Bildungsträger) als dritten Partner zu erweitern, der sowohl den Jugendlichen als auch den Betrieben Vorbereitungs- und Unterstützungsangebote unterbreitet.

In diesem Kontext entwickelt und erprobt zum Beispiel der Modellversuchsförderschwerpunkt „Neue Wege in die duale Ausbildung – Heterogenität als Chance für die Fachkräftesicherung“ (Neue Wege/Heterogenität) des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) Unterstützungsleistungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vornehmlich in der Ausbildung förderungsbedürftiger Jugendlicher.

Die Förderschwerpunkte dieser Modellversuchsförderung des BIBB nach § 90 Berufsbildungsgesetz (BBiG) werden im Hauptausschuss diskutiert. Dem Hauptausschuss gehören Beauftragte der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und der Länder sowie des Bundes an. An den Sitzungen des Hauptausschusses können ein Beauftragter oder eine Beauftragte der Bundesagentur für Arbeit (BA), der auf Bundesebene bestehenden kommunalen Spitzenverbände sowie des wissenschaftlichen Beirats teilnehmen (§ 92 BBiG).


Frage 2. Welche konzeptionellen Ansätze liegen der „assistierten Ausbildung“ zugrunde, bzw. gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung eine unterschiedliche Schwerpunktsetzung in den einzelnen Bundesländern (bitte dezidiert ausführen und nach Bundesländern aufschlüsseln)?

Antwort der Bundesregierung

Auf die einführenden Hinweise in der Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.

Vergleichbare Ansätze entstehen an verschiedenen Stellen explizit unter dem Namen „assistierte Ausbildung“ oder unter ähnlichen Bezeichnungen. Einen Auftakt für die Diskussion und einen bundesweiten Austausch über dieses Thema bot ein Expertengespräch im BIBB am 10. Dezember 2012. Ein systematischer Vergleich praktizierter Modelle wurde bislang nicht durchgeführt.

Die derzeitigen Projektansätze für eine „assistierte Ausbildung“ gründen auf Formen der kooperativen Ausbildung und zielen darauf ab, Unterschiede zwischen den Anforderungen der Betriebe und den Voraussetzungen der Jugendlichen zu überwinden, indem sie eine reguläre betriebliche Berufsausbildung mit umfassenden Vorbereitungs- und Unterstützungsfunktionen flankieren und einen erfolgreichen Abschluss derselben ermöglichen sollen. Neben Betrieb und Berufsschule kommt ein dritter Partner hinzu: Bildungsträger übernehmen die Rolle eines Dienstleisters für beide Seiten – für die Jugendlichen und für die Betriebe. Die Konzepte setzen auch in Bezug auf junge Menschen mit ungünstigen Startchancen auf das Prinzip „Normalität“, das heißt auf eine Förderung innerhalb des Systems der dualen betrieblichen Ausbildung. Gekennzeichnet sind die Modelle u. a. dadurch, dass Bildungsträger je nach Bedarf des Betriebes und der Auszubildenden flexible Dienstleistungen für das Zustandekommen und den erfolgreichen Verlauf der Ausbildung anbieten.

In der Regel liegt die zentrale Zielsetzung darin, grundsätzlich ausbildungsreifen jungen Menschen den Übergang in betriebliche Ausbildung zu ermöglichen, denen der Zugang ansonsten verwehrt bleiben würde (z. B. wegen Bedenken der Betriebe hinsichtlich der tatsächlichen Ausbildungsfähigkeit der Bewerber).

Mehrjährige Erfahrungen liegen aus Baden-Württemberg vor. Hier wird „assistierte Ausbildung“ im Rahmen der Projekte „diana“ und „carpo“ in Kooperation des PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg und des Diakonischen Werks Württemberg umgesetzt. Die Finanzierung erfolgt aus Landesmitteln, aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und – teilweise – über Regelinstrumente der BA, soweit dies der gesetzliche Rahmen zulässt.

Die BA beteiligt sich an dem Projekt „carpo – Assistierte Ausbildung“, das seit dem Jahr 2010 (in aktuell elf Agenturbezirken) im Land Baden-Württemberg umgesetzt wird. Es ist nicht vorgesehen, diese Projekte auf weitere Standorte außerhalb des Landes Baden-Württemberg auszudehnen. „Carpo“ ist ein regional begrenzter Versuch, der u. a. Aufschluss darüber geben soll, ob durch eine gezielte Unterstützung von Betrieben und der Bereitstellung von Unterstützungsleistungen „aus einer Hand“ zusätzliche Ausbildungskapazitäten insbesondere für marktbenachteiligte junge Menschen erschlossen werden können.


Frage 3. Mit welchen Arbeitsschwerpunkten ist die Beratung und Begleitung von Auszubildenden und Betrieben konzipiert worden?

Antwort der Bundesregierung

Auf die einführenden Hinweise in der Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.

Im BIBB-Modellversuchsförderschwerpunkt „Neue Wege/Heterogenität“ sind die konzeptionellen Ansätze ebenso heterogen wie die eingebundenen Betriebe und ihre Bedarfe auch mit Blick auf die heterogene Gruppe der potenziell für eine Ausbildung zur Verfügung stehenden Jugendlichen. Schwerpunkte liegen hier sowohl in der Assistenz der Betriebe bereits während der Berufsorientierungsphase der Jugendlichen und im anschließenden Matchingprozess zwischen Ausbildungswunsch, Fähigkeiten, Kompetenzen und Neigungen der Jugendlichen einerseits und Ausbildungsplatz bzw. Betrieb andererseits als auch in der Berufsvorbereitung im Betrieb mit verbindlicher Übernahme und Begleitung in die Ausbildung.

Grundsätzlich können Betriebe z. B. von Hilfen bei der Bewerberauswahl und der Ausbildungsorganisation, in Krisensituationen oder bei der Qualifizierung des Ausbildungspersonals profitieren. Die Jugendlichen werden in der Regel gezielt auf ihren gewählten Ausbildungsberuf und ihren Betrieb vorbereitet. In der Ausbildung erhalten sie eine begleitende Unterstützung.

Der zu dem Modellversuchsförderschwerpunkt „NeueWege/Heterogenität“ gehörende Modellversuch „Assistierte betriebliche Ausbildung“ (Zukunftsbau GmbH Berlin) bietet konkrete Assistenz für Jugendliche und Betriebe mit passgenauer Berufsvorbereitung, Vermittlung in Ausbildung in kooperierende Unternehmen, branchenoffene Sensibilisierung in KMU für die Ausbildung Jugendlicher mit heterogenen Voraussetzungen und Assistenz der Betriebe durch flexible Angebote des Ausbildungsmanagements. Weiterhin ist dort die Einrichtung eines Kompetenzzentrums „Assistenz betrieblicher Ausbildung“ als Servicestelle für KMU und Ausbildungsplatzbewerberinnen und –bewerber vorgesehen.

Der ebenfalls zu dem Modellversuchsförderschwerpunkt „Neue Wege/Heterogenität“ gehörende Modellversuch „AnHand“ (Verein für allg. und berufl. Weiterbildung e. V. Alsdorf) bietet Assistenz in unterschiedlicher Form an. Diese reicht von ausbildungs- und zielgruppenspezifischen Schulungsangeboten für die ausbildenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Vorbereitung von Praktika, Herstellung von Kontakten zu Kammern, Berufsschulen, Trägern von ausbildungsbegleitenden Hilfen bis hin zu umfangreichem Profiling für potenzielle Auszubildende, aber auch Aktivitäten zur Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen.

Ein weiterer zu dem Modellversuchsförderschwerpunkt „Neue Wege/Heterogenität“ gehörender Modellversuch „Heterogenität in Berufsorientierung und Ausbildung“ der Arbeitsgemeinschaft selbständiger Migranten Hamburg greift die Zielsetzungen des Hamburger Übergangsmodells Schule-Beruf auf: Die Berufsorientierung in ausgewählten Abgangsklassen der neuen Stadtteilschulen und in der Freien Schule Hamburg werden unter dem Aspekt der Heterogenität systematisch begleitet. Junge Migrantinnen und Migranten sowie Jugendliche ohne Migrationshintergrund werden hier als zukünftige Auszubildende für die Betriebe gewonnen; beide Seiten werden in den ersten eineinhalb Jahren der Ausbildung kontinuierlich begleitet. Der Matchingprozess setzt also sehr frühzeitig ein und vollzieht sich entlang der Bildungskette.


Frage 4. In welchem Verhältnis soll die „assistierte Ausbildung“ zu anderen Unterstützungs- und Begleitmaßnahmen wie beispielsweise berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, Berufseinstiegsbegleitungen oder Einstiegsqualifizierungen stehen (bitte einzelne Maßnahmen nach Umfang der unterschiedlichen Personengruppen und Zielen gegenüberstellen)?

Antwort der Bundesregierung

Auf die einführenden Hinweise in der Antwort zu Frage Nr. 1 wird verwiesen. Bei der „assistierten Ausbildung“ handelt es sich um Projektansätze und Modellversuche.

Die derzeitigen Projektansätze für eine „assistierte Ausbildung“ haben unterschiedliche Zielgruppen im Blick.

Zielgruppe des Projekts „carpo“ sind ausbildungsreife Jugendliche mit besonderem Unterstützungsbedarf und Vermittlungshemmnissen, denen die Aufnahme und Durchführung einer beruflichen Erstausbildung auf dem ersten Ausbildungsmarkt ohne weitergehende Unterstützungs- und Förderangebote nicht möglich ist. Die Jugendlichen dürfen noch keine Berufsausbildung abgeschlossen haben. Zur Zielgruppe gehören insbesondere Altbewerber, junge Eltern und Jugendliche mit Migrationshintergrund.

Diese Zielgruppen wurden mit carpo erreicht:

Direkt vorher arbeitslos: 68,9 Prozent,

max. Hauptschulabschluss: 62,2 Prozent,

mit Migrationshintergrund: 54,1 Prozent,

weibliche Auszubildende: 58,7 Prozent,

Teilnehmende mit Kindern: 21,9 Prozent,

Altbewerberinnen und -bewerber: 91,9 Prozent.

Junge Menschen, die zur Herstellung der Ausbildungsvoraussetzungen zunächst eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme nach § 51 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) benötigen, werden im Rahmen dieses Förderansatzes nicht erfasst. Für diesen Personenkreis würde sich eine Förderung über die BA in der Regel aus einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme und bei Aufnahme einer betrieblichen Berufsausbildung ggf. mit erforderlichen ausbildungsbegleitenden Hilfen nach § 75 SGB III zusammensetzen.

Der Modellversuchsförderschwerpunkt „Neue Wege/Heterogenität“ des BIBB hat demgegenüber auch noch nicht ganz ausbildungsreife Jugendliche im Blick.

Zur Zielgruppe berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen zählen insbesondere junge Menschen,
  • die noch nicht über die erforderliche Ausbildungsreife oder Berufseignung verfügen oder

  • denen die Aufnahme einer Ausbildung wegen fehlender Übereinstimmung zwischen den Anforderungen des Ausbildungsmarktes und dem persönlichen Bewerberprofil nicht gelungen ist und deren Ausbildungs- und Arbeitsmarktchancen durch die weitere Förderung ihrer beruflichen Handlungsfähigkeit (§ 1 Absatz 3 BBiG) erhöht werden sollen (Steigerung der Vermittelbarkeit).

Im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung sind förderungsfähig:
  • bei der Agentur für Arbeit gemeldete Ausbildungsbewerberinnen und –bewerber mit aus individuellen Gründen eingeschränkter Vermittlungsperspektive, die auch nach den bundesweiten Nachvermittlungsaktionen keine Ausbildungsstelle haben,

  • Ausbildungssuchende, die noch nicht in vollem Maße über die erforderliche Ausbildungsreife verfügen, und
  • lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte Ausbildungsuchende. Einstiegsqualifizierungen nach § 54a SGB III sind betriebliche Vorbereitungsmaßnahmen, die in der Zielgruppe zu Modellen „assistierter Ausbildungen“ Überschneidungen aufweisen können.

In ausbildungsbegleitenden Hilfen nach § 75 SGB III sind lernbeeinträchtigte und/oder sozial benachteiligte junge Menschen, die wegen der in ihrer Person liegenden Gründe ohne die Förderung eine Berufsausbildung nicht beginnen, fortsetzen oder erfolgreich beenden können, förderungsbedürftig. Förderungsbedürftig sind auch Auszubildende, bei denen ohne die Förderung mit ausbildungsbegleitenden Hilfen eine vorzeitige Lösung ihres Berufsausbildungsverhältnisses droht.

Auch Modelle „assistierter Ausbildung“ können als Element begleitend zu einer betrieblichen Berufsausbildung ausbildungsbegleitende Hilfen vorsehen, sofern es sich bei den Teilnehmenden um lernbeeinträchtigte und/oder sozial benachteiligte junge Menschen handelt oder konkrete Hinweise für einen drohenden Ausbildungsabbruch vorliegen.

Zur förderungsfähigen Zielgruppe in einer außerbetrieblichen Berufsausbildung nach § 76 SGB III gehören lernbeeinträchtige und/oder sozial benachteiligte junge Menschen ohne berufliche Erstausbildung, die auch unter Einsatz ausbildungsfördernder Instrumente (insbesondere ausbildungsbegleitende Hilfen gemäß Â§ 75 SGB III) eine betriebliche Ausbildung nicht beginnen, fortsetzen oder erfolgreich beenden können. Da die Modelle der „assistierten Ausbildung“ an die Durchführung einer betrieblichen Berufsausbildung anknüpfen, handelt es sich bei außerbetrieblicher Berufsausbildung und den Modellen „assistierter Ausbildung“ um sich ergänzende Ansätze.

Im Rahmen der Berufseinstiegsbegleitung nach § 49 SGB III sind Schülerinnen und Schüler förderungsbedürftig, die voraussichtlich Schwierigkeiten haben werden, den Abschluss der allgemeinbildenden Schule zu erreichen oder den Übergang in eine Berufsausbildung zu bewältigen. Die Teilnehmenden an der Berufseinstiegsbegleitung werden regelmäßig ab Beginn der Vorabgangsklasse der allgemeinbildenden Schule betreut. In Abgrenzung zur assistierten Ausbildung liegt ein Schwerpunkt der Berufseinstiegsbegleitung damit in der frühzeitigen und kontinuierlichen Betreuung der Schüler bereits während der Schulzeit, um einen möglichst nahtlosen Übergang in eine Berufsausbildung zu erreichen.

Die derzeitigen Projektansätze für eine „assistierte Ausbildung“ weisen in den Zielen und bei den Zielgruppen Berührungspunkte zu verschiedenen Förderleistungen des SGB III auf. Förderleistungen des SGB III werden bei der „assistierten Ausbildung“ zum Teil auch genutzt.

Leistungen des externen Ausbildungsmanagements sind nicht über das SGB III förderbar.


Frage 5. Welche finanziellen Mittel werden durch die Bundesregierung aus welchen Haushaltstiteln und für welchen Zeitraum zur Verfügung gestellt?

Antwort der Bundesregierung

Für den Modellversuchsförderschwerpunkt „Neue Wege/Heterogenität“ werden dem BIBB aus Kapitel 30 20 Titel 685 20 für einen Förderzeitraum von drei Jahren im Zeitraum 2011 bis 2014 Haushaltsmittel in Höhe von insgesamt bis zu 7,35 Mio. Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Verfügung gestellt.

Für das Projekt „carpo“ steht in den Jahren 2012 bis 2014 ein Fördervolumen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Baden-Württemberg von rund 4,45 Mio. Euro zur Verfügung. Zusätzlich beteiligen sich die Agenturen für Arbeit mit jährlich rund 350 000 Euro aus dem Eingliederungstitel an den Gesamtkosten.


Frage 6. Ist geplant, dass die „assistierte Ausbildung“ bereits vorhandene Maßnahmen ergänzt oder ersetzt, bzw. ist geplant, die derzeitigen Förderungsschwerpunkte zu verlagern?

Wenn ja, welche und wie?

Antwort der Bundesregierung

Eine Verlagerung der Förderschwerpunkte ist nicht geplant. Die Bundesagentur
für Arbeit plant insbesondere nicht, das Projekt „carpo“ auf weitere Standorte
außerhalb des Landes Baden-Württemberg auszudehnen.


Frage 7. In welchem Umfang ist angedacht, die „assistierte Ausbildung“ durch eine Umwidmung von Mitteln, die bislang für außerbetriebliche Ausbildungsgänge verwendet wurden, zu finanzieren?

Antwort der Bundesregierung

Eine Umwidmung ist nicht angedacht.


Frage 8. In welchem Verhältnis stehen die Anzahl der Ausbildungsplätze in Betrieben und bei Trägern (von außerbetrieblichen Bildungseinrichtungen) bezogen auf bereits geplante Projekte einer „assistierten Ausbildung“?

Antwort der Bundesregierung

Im Rahmen der Projektförderung zum Thema „assistierte Ausbildung“ werden keine Ausbildungsplätze gefördert; es wird daher auch keine Anzahl erfasst.


Frage 9. In welchem Umfang, in welchem zeitlichen Rahmen und aufgrund welcher finanziellen und rechtlichen Basis sollen im Rahmen einer „assistierten Ausbildung“ ausbildungsvorbereitende Maßnahmen entstehen, inwieweit führt dieser Weg verlässlich in eine Ausbildung, und wer kommt für eine anschließende Ausbildung als Träger in Frage?

Antwort der Bundesregierung

Auf die einführenden Hinweise in der Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.

Die derzeitigen Modellversuche des BIBB und das Projekt „carpo“ erproben unter dem Begriff der „assistierten Ausbildung“ neueWege in die duale Berufsausbildung.


Frage 10. Welche Bildungsträger sollen die „assistierte Ausbildung“ durchführen, und welche Qualifikationen und Berufsabschlüsse müssen die Beschäftigten aufweisen?

Antwort der Bundesregierung

Bei der „assistierten Ausbildung“ handelt es sich um Projektansätze und Modellversuche; eine Ausdehnung ist seitens der Bundesregierung derzeit nicht geplant.

Die im Modellversuchsförderschwerpunkt „Neue Wege/Heterogenität“ eingebundenen Bildungsträger sind regional etabliert und hatten bereits im Vorfeld gute Kontakte zu den beteiligten Betrieben. Dies wie auch die Qualifikation ihres Personals wurden im Bewilligungsverfahren anhand vereinbarter Kriterien nachgewiesen.

Als Projektträger von „carpo“ sind der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg und das Diakonische Werk Württemberg beauftragt.

Im Rahmen von „carpo“ müssen die Beschäftigten folgende Qualifikationen nachweisen:

Bei der Lehrkraft wird ein abgeschlossenes Fachhoch-/Hochschulstudium erwartet. Für Lehrkräfte ohne pädagogische Ausbildung wird zusätzlich eine pädagogische Grundqualifizierung (z. B. Ausbildereignung) gefordert. Ersatzweise wird eine abgeschlossene Fachschulausbildung (z. B. Techniker), eine abgeschlossene Meister- oder Fachwirtausbildung anerkannt, soweit diese zusätzlich eine mindestens dreijährige berufliche Erfahrung sowie mindestens eine einjährige pädagogische Erfahrung nachweisen.

Beim Sozialpädagogen wird ein abgeschlossenes Studium der Sozialpädagogik/-arbeit bzw. Sozialen Arbeit (Diplom, Bachelor oder Master) erwartet. Pädagogen (Diplom, Bachelor, Master oder Magister Artium) mit den Ergänzungsfächern bzw. Studienschwerpunkten Sozialpädagogik, Sonderpädagogik oder Jugendhilfe werden ebenfalls zugelassen. Ohne die genannten Ergänzungsfächer bzw. Studienschwerpunkte müssen diese innerhalb der letzten fünf Jahre mindestens eine einjährige Berufserfahrung mit der Zielgruppe nachweisen. Ein abgeschlossenes Studium schließt auch den Erwerb der Berufsbefähigung (z. B. staatliche Anerkennung) mit ein.

Ersatzweise werden auch staatlich anerkannte Erzieher mit einschlägiger Zusatzqualifikation anerkannt, soweit diese mindestens eine dreijährige berufliche Erfahrung mit der Zielgruppe innerhalb der letzten fünf Jahre nachweisen.


Frage 11. In welchen Beschäftigungsverhältnissen befinden sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bildungsträger, bzw. welche sind vorgesehen?

Antwort der Bundesregierung

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der im Rahmen des BIBB-Modellversuchsförderschwerpunkts „Neue Wege/Heterogenität“ geförderten Bildungsträger sind zur Wahrnehmung der spezifischen Tätigkeiten in den Modellversuchen befristet, aber auch in Dauerarbeitsverhältnissen beschäftigt.

Die Bundesagentur für Arbeit fordert im Rahmen von „carpo“ grundsätzlich den Einsatz von fest angestelltem Personal. Fest angestellt bedeutet, dass die zwischen dem Auftragnehmer und seinen Mitarbeitern geschlossenen Arbeitsverträge nicht einen geringeren Zeitraum als die vorgesehene Vertragslaufzeit umfassen dürfen. Minijobs im Sinne von § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) gehören nicht dazu. Abweichend von diesem Grundsatz wird aufgrund der Vielzahl der Ausbildungsberufe der Einsatz von Honorarkräften im nachstehend genannten Umfang ermöglicht: Die Personalkapazität der Lehrkräfte kann bis zu 50 Prozent durch Honorarkräfte besetzt werden. Bei sozialpädagogischen Mitarbeitern ist in begründeten Ausnahmefällen (z. B. Schuldner- oder Drogenberatung) bis zu 10 Prozent der Stundenkapazität einer Vollzeitkraft die Beschäftigung von Honorarkräften zulässig.

Der beauftragte Bildungsträger weist gegenüber dem Regionalen Einkaufszentrum der BA die Einhaltung dieser Vorgaben nach. Personaländerungen während der Vertragslaufzeit werden durch die Bildungsträger angezeigt. Die Einhaltung dieser Vorgaben wird u. a. durch den Prüfdienst AMDL und die Regionalen Einkaufszentren der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen von Trägerprüfungen nachgehalten.


Frage 12. Was versteht die Bundesregierung darunter, dass Betriebe für den pädagogischen Umgang mit unterstützungsbedürftigen Jugendlichen qualifiziert werden?

Antwort der Bundesregierung

Im BIBB-Modellversuch „Assistierte betriebliche Ausbildung“ wird hierunter vorrangig die Sensibilisierung des Ausbildungspersonals durch ausbildungs und zielgruppenspezifische Schulungsangebote sowie bedarfsorientierte Beratungs- und Fördergespräche bzw. Coaching verstanden.

Nach dem Gesamtkonzept von „carpo“ wird angestrebt, die Betriebe über die ggf. bestehenden Förderbedarfe der jungen Menschen zu informieren und abzustimmen, wie diese auch durch die Mitarbeiter in den Betrieben bestmöglich behoben werden können. Die Bildungsträger unterstützen den Betrieb bei der Konfliktbewältigung und allen praktischen Schwierigkeiten während der Ausbildung.

Unabhängig von Konzepten „assistierter Ausbildung“ fördert die Bundesregierung im Rahmen das Nationalen Paktes für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs 2010 bis 2014 neue Konzepte zur Qualifizierung von Ausbildungsverantwortlichen, die auf die spezifischen Erfordernisse im Umgang mit Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf ausgerichtet sind. Mit dem Projekt „Stark für Ausbildung“ wird ein modulares Qualifizierungskonzept entwickelt, um das Ausbildungspersonal insbesondere von KMU beim Umgang mit diesen Jugendlichen gezielt zu unterstützen. Das Konzept setzt sich aus Onlinelernbausteinen und ergänzenden Präsenzseminaren zusammen und wird von einem Internetauftritt (www.stark-fuer-ausbildung.de) ergänzt.


Frage 13. Wie sind die Unterstützungsleistungen für Betriebe bezüglich der Auswahl von Bewerberinnen und Bewerbern sowie der Ausbildungsorganisation ausgestaltet?

Antwort der Bundesregierung

In den Modellversuchsprojekten werden die Betriebe zum Teil durch Beratung und Unterstützung und bei Bedarf auch Ausbildungsmanagement entlastet. Zum Teil ist auch die Unterstützung der kleinen und mittleren Unternehmen im Matching durch Erhebung der betrieblichen Anforderungen bzw. der Anforderungen des konkreten Ausbildungsplatzes sowie die Erhebung der Kompetenzen, Fähigkeiten und Neigungen der Jugendlichen im Sinne eines Profiling und eines Abgleichs der jeweiligen Ergebnisse möglich.


Frage 14. Welchen Einfluss nimmt die Bundesregierung auf das Ausschreibungsverfahren,
und wie kontrolliert sie die Einhaltung der tariflichen Standards?

Antwort der Bundesregierung

Bei den BIBB-Modellversuchen im Rahmen des Modellversuchsförderschwerpunkts „Neue Wege/Heterogenität“ handelt es sich in der derzeitigen Ausgestaltung nicht um auszuschreibende Maßnahmen, sondern um Projektförderung.

Maßnahmen für das Projekt „carpo“ werden seit dem Jahr 2009 durch das Regionale Einkaufszentrum Südwest der BA für Agenturen für Arbeit und Jobcenter in Baden-Württemberg eigenständig eingekauft. Hierbei werden Leistungen erbracht, die von mehreren Partnern, u. a. vom Land und aus ESF-Mitteln, finanziert werden.

Ob ein Bieter seinen Beschäftigten tarifgebundene Löhne zahlt oder nicht, kann die BA bei Ausschreibungen nur berücksichtigen, wenn die Entgeltvorgaben auf der Grundlage eines im Sinne des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrages oder einer gesetzlichen Mindestlohnbestimmung beruhen. Die Erfüllung derart allgemeiner Rechtspflichten kann über das Merkmal der Zuverlässigkeit/Gesetzestreue im Rahmen der Bietereignung geprüft werden. Nur partiell oder örtlich geltende Tarifverträge sind bei der Bieterauswahl im Vergabeverfahren hingegen nicht berücksichtigungsfähig.

Seit dem 1. August 2012 gilt die so genannte Mindestlohnverordnung für die Aus- und Weiterbildungsbranche (Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Sozialgesetzbuch, Bundesanzeiger AT 20.07.2012 V1). Die Regionalen Einkaufszentren der BA berücksichtigen dies im Rahmen der Prüfung im Vergabeverfahren, den vertraglichen Regelungen und – soweit ihnen das möglich ist – im Rahmen von Prüfungen während der Maßnahmedurchführung.


Frage 15. In welchen Berufen und bei welchen Institutionen soll eine „Auftragsausbildung“ angesiedelt werden?

Antwort der Bundesregierung

Es gibt keine Planungen, „Auftragsausbildung“ in bestimmten Berufen und Institutionen
anzusiedeln.


Frage 16. Welche Unterstützungsstrukturen sind für die einzelnen Teilnehmerinnen
und Teilnehmer finanziell und personell gesichert?

Antwort der Bundesregierung

Die im BIBB-Modellversuchsförderschwerpunkt „Neue Wege/Heterogenität“ angebotenen Unterstützungsstrukturen sind sowohl durch die Projektförderung als auch durch den Einsatz der von der BA geförderten Instrumente der Regelförderung gesichert.

Für alle Teilnehmenden an dem Projekt „carpo“ stehen folgende durch die BA finanzierte Unterstützungsleistungen zur Verfügung:

Während der Vorbereitungsphase:

1. Intensive sozialpädagogische Beratung und Begleitung,

2. Berufliche Themen (z. B. Profiling, Berufsorientierung, Bewerbungstraining),

3. Betriebliche Erprobung,

4. Soziale und Persönlichkeitsentwicklung (fakultativ),

5. Sachthemen und Allgemeinbildung (fakultativ).

Während der Ausbildung:

1. Intensive individuelle sozialpädagogische Beratung und Begleitung (obligatorisch),

2. Kooperation mit Berufsschule und Betrieb (obligatorisch),

3. Fach- und berufsbezogene Angebote (fakultativ).


Frage 17. Wie bemisst sich der zeitliche Umfang der Betreuung im Rahmen einer „assistierten Ausbildung“?

Antwort der Bundesregierung

Die Individualität der Bedarfe der Jugendlichen und der Betriebe und der diesbezüglichen Unterstützungsleistungen lässt keine pauschale Aussage zum zeitlichen Umfang der jeweiligen Maßnahmen im Rahmen des Modellversuchsförderschwerpunkts „Neue Wege/Heterogenität“ zu.

Im Projekt „carpo“ umfasst die Dauer der Vorbereitungsphase in der Regel den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. September. In Einzelfällen ist eine Verlängerung bis zum 30. November möglich. Ein zeitversetzter Eintritt von Teilnehmenden ist möglich, wenn Aussicht auf einen erfolgreichen Abschluss der Vorbereitungsmaßnahme besteht. Während der Vorbereitungsphase werden die Teilnehmer mindestens 15, maximal 39 Zeitstunden proWoche im Rahmen von Seminartagen, individuellem Coaching und während der betrieblichen Erprobung betreut und begleitet. Die Begleitung während der Ausbildung schließt nahtlos an das Ende der Vorbereitungsphase mit Beginn des betrieblichen Ausbildungsverhältnisses an und dauert in der Regel bis zum Abschluss der Ausbildung. In diesem Zeitraum wird jeder Teilnehmer mindestens 2,5 Zeitstunden pro Woche betreut und begleitet. Die Begleitung wird auf die Belange der Teilnehmer abgestimmt.


Frage 18. Inwieweit ist eine Ausbildungsvergütung für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gesichert?

Antwort der Bundesregierung

Der Anspruch auf Vergütung beruht auf dem Berufsbildungsgesetz bzw. auf jeweiligem Tarifrecht. Die Teilnehmenden haben während der Ausbildung Anspruch auf ihre Ausbildungsvergütung.


Frage 19. Nach welchen Kriterien können Menschen ohne Berufsabschluss an der „assistierten Ausbildung“ teilnehmen, und sind darüber hinaus Altersgrenzen angedacht?

Antwort der Bundesregierung

Die Kriterien im Rahmen des BIBB-Modellversuchsförderschwerpunkts „Neue Wege/Heterogenität“ werden ausschließlich durch die Anforderungen der Ausbildungsbetriebe vorgegeben; grundsätzlich bestehen keine Altersgrenzen oder sonstigen Einschränkungen, es sei denn, sie wären durch das Sozialgesetzbuch oder andere Gesetze vorgegeben.

Zielgruppe von „carpo“ sind ausbildungsreife Jugendliche mit besonderem Unterstützungsbedarf und Vermittlungshemmnissen, denen die Aufnahme und Durchführung einer beruflichen Erstausbildung auf dem ersten Ausbildungsmarkt ohne weitergehende Unterstützungs- und Förderangebote nicht möglich ist. Voraussetzung für eine Förderung ist, dass die Jugendlichen bisher noch keine Berufsausbildung abgeschlossen haben und die nötigen Voraussetzungen für eine Ausbildung mitbringen. Zur Zielgruppe gehören insbesondere Altbewerberinnen/ Altbewerber, junge Eltern und Jugendliche mit Migrationshintergrund. Eine Altersgrenze ist nicht festgelegt.


Quelle: Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, Bundestagsdrucksache 17/12831


Schlagworte zu diesem Beitrag: Ausbildung, Öffentliche Beschäftigungspolitik
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 09.04.2013