Allgemeine Informationen

Zurück zur Übersicht

Tarifpolitische Konferenz der AG Weiterbildung

Der Weiterbildungsbereich ist sehr unterschiedlich strukturiert. Neben den öffentlich geförderten Trägern der allgemeinen und politischen Bildung (VHS’en und andere) gibt es den Bereich der SGB II und III geförderten Weiterbildung. Neben Anbietern für die berufliche Weiterbildung von Betrieben und Privatpersonen gibt Fachschulen im Gesundheitswesen. Neben Sprachschulen gibt es Träger für die berufliche Rehabilitation.

Genauso ausdifferenziert wie die Trägerlandschaft ist die Lage bei den Tarifverträgen. Neben einer großen Anzahl von Haustarifverträgen gibt es den Mindestlohn, der jedoch nur für Weiterbildungsträger zutrifft, die hauptsächlich Bildungsmaßnahmen im Bereich der SGB II und III geförderten Weiterbildung anbieten. Daneben gibt es Träger, die sich weiterhin am Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes orientieren und tarifpolitisch unter Druck geraten.

Die seit Anfang des Jahres begonnenen Tarifverhandlungen über einen Manteltarifvertrag in der Weiterbildung haben dem tarifpolitischen Puzzle nun einen weiteren Stein hinzugefügt. Eine Frage durchzog die gesamte Konferenz: Für wen soll der neue Tarifvertrag abgeschlossen werden (der sogenannte Geltungsbereich) und welche Auswirkungen hat er auf bestehende Haustarifverträge?

Beim Geltungsbereich gibt es derzeit noch keine Einigung zwischen den Arbeitgeber und den Gewerkschaften ver.di und GEW. Die Arbeitgeber möchten den Geltungsbereich recht weit fassen, was immer das heißen soll. Ver.di möchte Schlupflöcher der Arbeitgeber beim bestehenden Mindestlohn in der SGB II und III geförderten Weiterbildung schließen. Doch ohne zu wissen, für wenn überhaupt verhandelt wird, können ernsthafte Verhandlungen im Grunde nicht geführt werden.

Das nächste Problem ergibt sich aus der gegenwärtigen Situation, in der Haustarifverträge und zumindest ein Branchentarifvertrag (der Mindestlohn in der SGB II und III geförderten Weiterbildung) nebeneinander existieren. Auf Dauer kann das nicht klappen. Auf Dauer wird man sich entscheiden müssen, den Weg von Haustarifen und damit „Häuserkämpfen“ zu gehen oder zu versuchen, die Arbeitsbedingungen allgemein über Flächentarife zu regeln. Flächentarifverträge benötigen, um ein Mindestmaß an Wirksamkeit zu entfalten, eine branchenmäßig ausgeprägte Solidarität der Beschäftigten. Bei Flächentarifverträgen gibt es immer Gewinner und Verlierer. Auf Dauer macht es keinen Sinn, als Arbeitgeber zugleich über einen Haustarif zu verhandeln und im Arbeitgeberverband über einen Flächentarifvertrag zu streiten. Ein Arbeitgeber, der über einen gültigen Haustarifvertrag verfügt, gleichzeitig jedoch über einen Branchentarifvertrag verhandelt, möchte am Ende die alten Haustarifverträge beenden. Diese Situation wird derzeit besonders deutlich beim Internationalen Bund (IB) und dem Berufsfortbildungswerk des DGB. Beide sitzen in der Verhandlungskommission über den Branchentarifvertrag, beide besitzen Haustarifverträge, beide wollen die Haustarifverträge nicht weiter fortführen.

Ein weiteres Problem kommt hinzu. Wenn der gültige Mindestlohn über den bisher geltenden Zeitraum (31. 12. 2015) in Kraft bleiben soll, müssen nach der Sommerpause 2014 Verhandlungen über einen neuen Entgeltvertrag für den Mindestlohn begonnen werden. Im Gegensatz zu einem „normalen“ Tarifvertrag besitzt der Mindestlohn keine Nachwirkung. Ohne einen neuen, durch Rechtsverordnung allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag würde die Wirkung des geltenden Mindestlohns am 31. 12. 2015 über Nacht beendet werden. In beiden Fällen wird mit demselben Arbeitgeberverband verhandelt.

Eine Menge Fragen, die auf der Konferenz nicht geklärt werden konnten. Neben der Verabredung, eine gemeinsame tarifpolitische Konzeption für den Bereich der Weiterbildung zu entwickeln, hat die Konferenz für die laufenden Verhandlungen einige Festlegungen getroffen.
  1. Die Verhandlungen über den Manteltarifvertrag werden fortgeführt. Allerdings geht es nicht darum, ohne Wenn und Aber einen Tarifvertrag abzuschließen. Wenn von Seiten der Arbeitgeber, wie bisher, nur allgemeine Erklärungen abgegeben werden und substanziell keine Zugeständnisse gemacht werden, muss die Perspektive des Scheiterns der Verhandlungen erwogen werden.

  2. Wir müssen in den Tarifverhandlungen Handlungsfähigkeit erzeugen. Wir müssen daher Verhandlungspunkte in den Vordergrund rücken, die es uns ermöglichen, Kolleginnen und Kollegen zu ermuntern, für ihre Interessen aktiv einzustehen. Dazu gehören auch Aktionen und evtl. Warnstreiks im Zusammenhang mit den Tarifverhandlungen.

  3. Bei den Verhandlungen über die Fortführung des Mindestlohns gibt es zwei wichtige Aspekte. Einerseits muss die Zweiteilung in Ost- und Westtarife aufgehoben werden, andererseits reicht eine leichte übliche Tariferhöhung nicht aus. Die Entgelte müssen sich deutlich in den Bereich der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes hin bewegen.

Peter Schulz-Oberschelp
Netzwerk-Weiterbildung


Schlagworte zu diesem Beitrag: Mindestlohn, Öffentliche Beschäftigungspolitik
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 10.06.2014