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In Baden-Württemberg kämpfen die Unternehmen gegen den geplanten Bildungsurlaub

Allgemeinbildung für alle:
Zukunftsfrage und Menschenrecht


Unsere Zukunft ist ungewiss. Wir können sie nicht kennen. Deshalb wissen wir auch nicht, welche speziellen Kenntnisse und Kompetenzen nötig sein werden, um in der Zukunft zu bestehen.

Wer sich also auf die Zukunft vorbereiten will, darf sich nicht auf eine konkrete, vorgestellte Zukunft vorbereiten. Erforderlich ist vielmehr die umfassende Fähigkeit, Probleme zu lösen, eine Fähigkeit, die es ermöglicht, vorhandene spezifische Kompetenzen situationsbedingt anzupassen und neue spezifische Kompetenzen hervorzubringen.

Diese Meta-Kompetenz kann man Allgemeinbildung nennen, wenn man darunter eine ganzheitliche Bildung versteht, die geistige, emotionale und soziale Kompetenzen ebenso umfasst wie ästhetische, musische, kulturelle und inter- bzw. transkulturelle. Allgemein-bildung in diesem Sinne setzt also nicht auf Spezialisierung und Auslese, sondern auf Inklusion:
  • Allgemeinbildung nimmt den ganzen Menschen in den Blick,
  • Allgemeinbildung richtet sich an alle Menschen und
  • Allgemeinbildung ermöglicht allen Menschen gesellschaftliche Teilhabe.

Eine zukunftsfähige und zur Zukunft befähigende Allgemeinbildung vermittelt – aufbauend auf einer soliden Grundbildung – also etwa die Fähigkeit zur Orientierung in der Informationsflut, sowohl mit kognitiven Strategien als auch durch die Handhabung moderner Technik, sie vermittelt Kommunikationsfähigkeit, auch über geografische und kulturelle Grenzen hinweg, sie schafft das Bewusstsein für politische, geschichtliche und kulturelle Zusammenhänge, sie entwickelt die Fähigkeit zu kritischer Distanznahme und sie schärft die Urteilskraft.

Diese Aufzählung ist unvollständig. Sie zeigt aber, dass die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die wir in der Zukunft benötigen, mehr und anderes umfassen als das spezielle Wissen, das in Schule, Hochschule und Berufsausbildung im Vordergrund steht.

Andererseits ist der Zugang aller Menschen zu Allgemeinbildung in diesem Sinne nicht nur eine Zukunftsfrage unserer Gesellschaft, sondern auch ein Persönlichkeits-, ja ein Menschenrecht. Denn Allgemeinbildung dient der individuellen Entfaltung, der gesellschaftlichen Mitwirkung und bildet Fundament und Rahmen unseres Spezialwissens.

Die Institution, die Allgemeinbildung in diesem umfassenden, ganzheitlichen, gesellschaftspolitischen Verständnis vermittelt, ist die Volkshochschule. In einer zunehmend spezialisierteren und differenzierteren Welt bilden Generalität und Inklusion den Kern ihres Bildungskonzepts und ihres Selbstverständnisses.

Wenn also die aktuelle PIAAC-Studie zeigt, dass Erwachsene in Deutschland nur über durchschnittliche, z. T. sogar unterdurchschnittliche Kompetenzen in den getesteten Feldern Lesen, Alltagsmathematik und technologiebasiertes Problemlösen verfügen, dann bieten traditionell die Volkshochschulen die Chance – auch die zweite Chance –, ihre Kompetenzen in diesen und aufbauenden Fachgebieten zu verbessern, und zwar angepasst an die je individuell-persönlichen Bildungsbedürfnisse.

Das Ziel der Volkshochschulen mit ihren niedrigschwelligen Angeboten, die allen Bürgerinnen und Bürgern offen stehen, ist es, Inklusion aller durch Bildung zu erreichen. Über zielgruppen-spezifische Angebote und durch aufsuchende Bildungsarbeit sprechen die Volkshochschulen auch die Menschen an, die sonst aufgrund sozialer, gesellschaftlicher oder finanzieller Benachteiligung aus dem Bildungssystem herausfallen.

Damit die Volkshochschulen diese Angebote vorhalten und auch wirklich alle Menschen erreichen können, ist eine ausreichende öffentliche Förderung, insbesondere eine deutlich höhere Landesförderung notwendig.

Dabei ist die Förderung der Allgemeinbildung eine Investition in die Zukunft. Individuelle Entfaltung und gesellschaftliche Mitwirkung bilden die Voraussetzung für das Funktionieren unserer sozialen Demokratie – in der Gegenwart wie in der Zukunft.

Denn so ungewiss die Zukunft auch sein mag: wir müssen und wir können sie gestalten!

Quelle: Stuttgarter Erklärung des Volkshochschulverbandes Baden-Württemberg anlässlich seiner Mitgliederversammlung am 10./11. Juli 2014 in Stuttgart

Schlagworte zu diesem Beitrag: Berufliche Weiterbildung, Volkshochschule, Weiterbildung
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 19.08.2014